2. RANDLAGE ARTFESTIVAL 21/22
Leitmotiv: „WAHLVERWANDTSCHAFTEN“
Ein Kunstereignis in 3 Teilen
„Wahlverwandtschaften“ ist das Leitmotiv des 2. Randlage Artfestivals der Galerie KW/Randlage und verhandelt ein experimentelles Ausstellungskonzept auf verschiedenen Ebenen, welches immer wieder neue Akzente setzt und sich im Laufe der Präsentationsdauer verändert. Werke werden in neue Beziehungen zueinander gesetzt, weitere kommen hinzu, andere verschwinden wieder. So wird die Galerie zu einem Ort der Veränderung mit wechselnden Werken über Interdisziplinarität von Malerie und Musik bis hin zu temporären Rauminterventionen. Arbeiten werden in verschiedne Kontexte und Themenwelten integriert, welche zu einer neuen Sicht auf ein einzelnes Werk inspirieren sollen.
Auch die Art der Präsentation und die damit verbundenen Raumerfahrungen spielen eine Rolle des Kunstereignisses: so werden korrespondierende Projekte in Kooperation mit Künstler:innen und Kunsträumen in Worpswede als auch in anderen Städten wie Berlin, Bremen und Essen realisiert. Wir gehen den Fragen nach, wie sich ein Raum durch einen künstlerischen Eingriff verändert, welche Intensität an Farbigkeit, Licht und Schatten zugelassen und wieviel Sichtbarkeit notwendig ist, was angedeutet oder aufgelöst werden kann oder wieviele Werke in Größe und Anzahl erforderlich sind, in einem Raum Wirkung zu zeigen.
PART I.
I./1. ENDLEBEN / SINN+KASIMIR
Die sich im Laufe der Zeit entwickelnde Story-Installation „Endleben“ von Sinn+Kasimir, die im Juli 21 begann und im ersten Teil des Artfestival platziert wurde, wartet im stark erweiterten Zeitraum des dritten Teils immer wieder mit „Finissagen“ im eigens von der Galerie KW/Randlage zur Verfügung gestellten KW/R-Projektraum im stillgelegten Teil der Worpsweder Grundschule auf.
Die Story-Installation erzählt die Geschichte vom Verfall des Dorfes Endleben und dem mysteriösen Verschwinden seiner Bewohner:innen mit unterschiedlichen medialen Mitteln. Nach und nach kommen Texte und Kunstwerke von Kolleg:innen hinzu. Öffentliche Präsentationen finden erst im Part III der „Wahlverwandtschaften“ statt.
I./2. MARIE S. UELTZEN - MEMENTO MORI
Die Werke u.a. der von der Galerie vertretenen Künstler:innen Marie S. Ueltzen wurden mit denen anderer Künstler:innen in Beziehung gesetzt. Themen wurden suggeriert und ließen so ein Werk in einem neuen Licht erscheinen. Zudem wurde ein Katalog der Werke von Marie S. Ueltzen realisiert. Unter den Einschränkungen der Corona-Pandemie mussten einige öffentliche Präsentationen ausfallen oder verschoben werden oder konnten nur einzelnen Personen gezeigt werden.
I./3. VAULEBEN - A DAY LURKS
Der zweite Teil der Installation „Verflechtungen“ von Vauleben wurde im Foyer der Galerie präsentiert, außerdem neue Arbeiten der Werkreihen „Folio-Abstracts“, in der mit Farbe und Kunststofffolie experimentiert wurde. Diese Werke wurden im Laufe der Zeit mit Werken anderer Künstler:innen in einen direkten Zusammenhang präsentiert. Auch die Komposition des digital erzeugten Orchesterwerks „A Day Lurks“ von vauleben projects konnte im kleinen Rahmen erstmals öffentlich präsentiert und eine CD produziert werden.
I./4. HAUS6SCHAU
Eine Wahlverwandtschaft besteht seit Anfang des Jahres 2021 zu dem temporären Kunst- und AtelierHAUS 6 in Worpswede, zu deren Initiatoren die Galerie KW/Randlage gehört und dort kooperative Ausstellungsmöglichkeiten hat. Zur Förderung der jungen Kunstschaffenden wurde die Haus6schau zu einem Teil des Artfestivals und präsentierte von Volker Schwennen und Marie S. Ueltzen kuratierte Werke der dort arbeitenden neun Künstler:innen vom 10.07. - 01.08.21. Gäste der Ausstellung waren zudem die Quartalsstipendiaten der Künstler:innenhäuser Worpswede Stine Otto und Beat Gipp, die wiederum als Gäste Werner Kernebeck und David Braithwaite, Gabba Reifenstihl, Ignatz Bee eingeladen hatten. Zwischen Braithwaite und Kernebeck , die den Projektraum Neon Kunst in Berlin betreiben, wurde vor Ort eine Kooperation für einen Satelliten in Berlin als Wahlverwandtschaft im dritten Teil des Artfestivals verhandelt.
I./5. ZWISCHENFORMEN | OSTHAUS/VASQUEZ | ESSEN
In Essen wurde ein Satellit des Artfestivals und der Galerie KW/Randlage wurde bereits im ersten Part des Artfestivals in Essen gesetzt: der von der Restauratorin Frederike Breder und dem Ausstellungsmacher und Fotografen Denis Bury geführte unabhängige Ausstellungsraum und Produktionsort marie wolfgang – Werkstatt & Praxis Gegenwärtiger Kunst.
Vom 11.07. bis 31.10.21 fand dort das interdisziplinäre Projekt „Zwischenformen“ von Carolin Osthaus und Jaime Moraga Vasquez statt. Hier wurde das Verhältnis von Musik und Malerei betrachtet und versucht eine isolierte Wahrnehmung der beiden Disziplinen zu überwinden. Ein gemeinsames Repertoire an Gestaltungsmitteln – wie Komposition, Klang-Farbe und Form als Elemente der beiden Kunstrichtungen – bilden die Zwischenformen für einen Ausgangspunkt gemeinsamer Interpretationen. Ausgehend von Karlheinz Stockhausens Tierkreis präsentierten sie je zwölf Musikstücke und Tuschegemälde. Stockhausen gilt als Pionier der elektronischen Musik und wendete kompositorische Verfahren der Zwölftonmusik an. Für den Tierkreis komponierte er Melodien, welche den zugeordneten Charakterzügen der Sternzeichen Ausdruck verleihen.
Osthaus und Vasquez nutzen Stockhausens Kompositionen als Ausgangspunkt für ein neues, zwischen ihnen entwickeltes Farbkonzept. Dazu ordnen sie Lichtwellen akustischen Wellenlängen zu und verwenden die Variationsmöglichkeiten der einzelnen Musikstücke für ihre eigene experimentelle und interdisziplinäre Vorgehensweise. So entsteht aus dem Dialog zwischen der abstrakten Malerei und der Improvisation der Schlagzeugmusik eine eigene Dynamik aus freien Rhythmen, Artikulationen und (Farb-)Tönen, bei der sich die materiellen und immateriellen Ausdrucksweiden gegenseitig beeinflussen und ergänzen.
In ihrem Projekt haben die Künstlerin und der Künstler einen Weg gefunden, auf dem sich die akustischen und visuellen Ergebnisse zwischen abstrakten und konkreten Momenten bewegen.
Ausstellung und Konzert sollten im dritten Teil des Artfestivals präsentiert werden, doch sowohl die Corona Pandemie als auch durch andere Verschiebungen ließen terminliche Möglichkeiten zeitnah nicht zu, sodass diese Performance auf das Frühjahr 22 verschoben werden musste.
PART II
WAHLWEISE
Der zweite Part des Artfestivals präsentierte das Ausstellungskonzept für Worpswede „Wahlweise“ vom 6.8. - 26.9.21. Hierfür kuratierte Raimar Stange aus Berlin 34 internationale Künstler:innen, die vorwiegend Wahlplakate und Flugblätter gestalteten. Komplettiert wurde das Projekt mit Objekten, Installationen, Zeichnungen, Videos und Musik. Die Ausstellungsorte waren die Galerie KW/Randlage, das Kunst- und AtelierHaus6, ein Zelt auf der Wiese der Stipendienstätte Künstler:innenhäuser Worpswede sowie deren Projektraum im Museum Große Kunstschau Worpswede. Neben einer offiziellen Eröffnung in der Galerie KW/Randlage, tagsdrauf einer Eröffnung mit Kuratorengespräch im Haus6 gab es eine kleine Party in der Bötjerschen Scheune.
Zur Ausstellung erschien ein ausführlich bebilderter Katalog mit Texten von Raimar Stange und Volker Schwennen.
PART III
Im dritten Teil des Artfestivals wurde immer wieder zu „Openings“ und „Finissagen“ als sogenannter "Zwischenruf" eingeladen, wenn neue Werke in die sich stets verändernde Dauerausstellung in der Galerie KW/Randlage hinzukamen, Umsetzungen oder Rauminterventionen passierten. Diese bildeten somit quasi Einzelausstellungen innerhalb der Hauptausstellung des Artfestivals.
Ein weiteres Experiment des dritten Teils wurde bereits im ersten spontan durchgeführt: Die Auswahl von Besucher:innen, die gezielt angesprochen und eingeladen werden. Durch eine gezielte Auswahl der Einladungen kommen nun immer wieder Menschen aus Kunst und Kultur, Wissenschaft und Wirtschaft sowie aus anderen gesellschaftlichen Bereichen zusammen. Bei diesen „Kunstmeetings“ entstehen – im Gegensatz zu „normalen“ Vernissagen – andere Formen der Auseinandersetzung mit Kunst. Wir sprechen also primär nicht das sowieso kunstaffine Publikum an, sondern öffnen den Kreis. Auf Pressemitteilungen wurde gänzlich verzichtet. Wir reagieren hier auf „Massenevents“, welche in der Zeit der Pandemie nicht sinnvoll sind und untersuchen somit, ob „individuelle Einladungen“ ein Mehr an Tiefe in der Auseinandersetzung untereinander und somit ein größeres Verständnis für künstlerische Positionen erzeugen kann. Auch sind die Besucher:innen aufgefordert, uns Menschen aus deren „Kreisen“ zu nennen, die zu einem solchen „Kunstmeeting“ eingeladen werden sollten. Auch auf Sammlungen einzelner Besucher:innen wird eingegangen und auch Kaufanreize wurden geschaffen.
III.1. WAHLVERWANDTSCHAFT | NEON KUNST BERLIN
Die Kooperation mit dem Kuratorenduo David Braithwaite und Werner Kernebeck und deren Projektraum Neon Kunst schuf einen Satelliten des Artfestivals und der Galerie KW/Randlage in Berlin. Unter dem Titel des Leitmotivs des Artfestivals „Wahlverwandtschaften“ luden diese Künstler:innen ein, ihnen ein Bild im Format 13x18 cm zuzusenden. So eröffneten sie einen ganzen Kosmos von Themen- und Bildwelten und zeigen auf massive Weise das harmonische Zusammenwirken unterschiedlichster Ausdrucksweisen und ein breites Spektrum der Kunstproduktion. „Wir haben einen Aufruf an unsere „Wahl-Familie“ geschickt mit der Bitte, uns jeweils ein Foto einer Arbeit zu schicken. Anders als die derzeit üblichen, digitalen Ausstellungsformate im Internet transformieren wir die Beiträge der Künstler:innen zu einer analogen Ausstellung. Die eingereichten Bilder werden als Farbfotos in Postkartengröße präsentiert, und bilden so eine Gesamtheit ähnlich einem Gruppenfoto unserer „Wahl- Familie“, so die Kuratoren Braithwaite und Kernebeck. Gezeigt wurden die kleinformatige Werke von über 140 Künstler:innen vom 07. bis 22.10.21 in deren Projektraum Neon Kunst.
III.2. ZWISCHENRUF AUS ESSEN
Als Zwischenruf aus Essen wurde mit einem Künstler:infrühstück die Finissage des interdisziplinären Projekts „Zwischenformen“ von Carolin Osthaus und Jaime Moraga Vasquez am 31. Oktober 21 begangen. Die Ausstellungsdauer wurde dort bereits verlängert und geplant war ursprünglich ein direkter Übergang zu einer Präsentation des Projekts in der Galerie KW/Randlage. Durch Verschiebungen mancher Projekte bedingt durch Auflagen aber auch aus der Verantwortung aller Beteiligten heraus, wurde noch kein fester Termin gesetzt aber einer im Frühjahr 2021 geplant.
III. 3. CHRISTIAN GODE | SCHATTENWANDER | ERLKÖNIG | BREMEN
Ein dritter Satellit in Bremen wurde gesetzt: Im Kunstraum „Erlkönig“ wurde von Pio Rahner der Bochumer Künstler Christian Gode für eine temporäre Raumintervention eingeladen, die ihre Fortsetzung im Art/Space der Galerie KW/Randlage erfahren soll. Trotz gleicher Größe sind die Räume sehr unterschiedlich und so wird Gode seine Intervention nicht eins zu eins übertragen, sondern geht direkt auf die jeweiligen Räume ein. Die Thematik aber bleibt bei beiden gleich, bei der es Gode um die Wanderung von Schatten geht. Christian Gode macht Ausstellungen und er macht Arbeiten, die grundsätzlich vom Zeigeort her gedacht sind. Mit geometrischen Formen und Materialien wie Klebefolien, Farbe, Sperrholz, MDF, Tapete, Leuchtstoffröhren, Teppich und Jalousien probiert er Anordnungen, Kompositionen, Setzungen, Situationen und Gesten. Das Dreieck und der Kontrast werden fortwährend konjugiert und dekliniert; gleichzeitig.
Gode lotet Zeigesituationen aus und komponiert, markiert, schafft und beschreibt die Räume, die dann gezeigt werden. Im ERLKÖNIG in Bremen arbeitet er mit schwarzer Tapete an jeder Wand des Raumes eine Diagonale heraus. Oder zwei Dreiecke, wobei das eine nur durch das andere sichtbar ist. Das Prinzip ist schnell erklärt. Die Wirkung nicht.
Die Ausstellung Schattenwander/Schattenwanderung ist in nicht nur eine „wahlverwandte“ Kooperation zwischen Erlkönig und KW/Randlage, sondern ein Projekt, welches Gode ermöglicht, auch die physische Distanz der beiden 30 Kilometer entfernten Ausstellungsräume in Bremen und Worpswede zu erweitern. Die Arbeit ist fertig gedacht, umgesetzt ist am 27. November erst die Hälfte, die zweite erfolgt Ende Januar 22.
III.4. MINIMALE POSTITIOEN | KW/RANDLAGE
Die Ausstellung „Minimale Positionen von über 200 Künstler:innen“ im KW/Randlage basiert nicht nur auf der Idee und dem Konzept von David Braithwaite und Werner Kernebeck, sondern vereint die von ihnen in deren Projektraum Neon Kunst in Berlin kuratierte Ausstellung mit einer Ergänzung um weitere rund 80 Positionen, die von Volker Schwennen kuratiert wurden.
Der Zwischenruf in Form einer Eröffnung wurde bedingt durch die Pandemie ebenfalls verschoben.
III.5. ENDLEBEN | ZWISCHENRUF: 1. FINISSAGE MIT GNADENBROT
Die geplanten Zwischenrufe in Form von immer wieder neuen Einladungen zu „Finissagen mit Gnadenbrot“ der Story-Installation „Endleben“ von Sinn+Kasimir mussten pandemiebedingt erneut verschoben werden. Begleitet wird das Projekt jedoch weiterhin von Schreibworkshops, in denen sich die Teilnehmenden mit der fiktiven Geschichte Endlebens beschäftigen. In unregelmäßigen Abständen wird daher zu Guck- und Begehungs-Workshops eingeladen.
Dokumentiert wird der Fortgang des Projekts auf der Projektwebsite https://endleben.com.
III.6. CHRISTIAN GODE | SCHATTENWANDERUNG | KW/RANDLAGE
Schattenwanderung ist eine Raumintervention von Christian Gode im Art/Space der Galerie KW/Randlage.
III.7. ZWISCHENFORMEN / OSTHAUS/VASQUEZ / WORPSWEDE
Termin steht noch nicht fest. Geplant für Frühjahr 2022